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Claudia Mann | Absence First. 

#Ausstellungen

29. März – 16. Juni 2019

 

Vier, 2m hohe Gipsabgüsse von Erdhügeln, mit Bitumeninnenflächen und Erd- und Staubresten auf den Außenseiten, reihen sich erhaben im Raum, nehmen ihn fast vollständig ein und füllen ihn mit einer nicht greifbaren Energie. Material und Oberfläche besitzen eine besondere Anziehungskraft, lassen uns jedoch gleichzeitig ehrfürchtig vor ihrer Zerbrechlichkeit zurück schrecken. Ein Spiel mit Gegensätzen: Matt, glänzend. Rau, glatt. Schwarz, weiß. Innen und außen. Positiv, Negativ. Massiv und zerbrechlich. 

 

Die Bildhauerin und diesjährige StiftungKunstfonds Stipendiatin Claudia Mann, erschuf eigens für das Museum für zeitgenössische Kunst in Moers diese neuen Werkgruppe mit dem Titel ‚Absence First.‘ Sie erweitert damit ihr Oeuvre und befasst sich noch intensiver mit den vielschichtigen Aspekten und Fragestellungen von Skulptur: Was ist Skulptur und worin liegt ihr Ursprung? Worin liegt ihre Wahrheit: In der Form oder dem Material? Ist Boden, ist Raum Skulptur? Oder ist es gar der Mensch selbst oder ist er/sie doch nur ihr Autor?

 

Die Vorlage dieser 4 Arbeiten ist ein Erdhügel, der mit Hilfe einer Silikonmasse ummantelt und abgenommen wurde. Diese 'Haut' formt Mann dann im nächsten Schritt 4x in Gips ab. Hier entstehen bereits die ersten wichtigen Fragen für das weitere Vorgehen. Wie kann man Abgüsse eines einzigen Silikon-Negativs (oder ist es das Positiv?) zu vier völlig eigenständigen Unikaten machen? Zum Beispiel, indem man den Gips mit den Händen oder mit Spachtel bearbeitet und Spuren von Erde, Sand und Staub auf ihn belässt. Den filigranen Rand der Arbeit erhält und einen Zerfall somit in Kauf nimmt. 

Auch die Ausarbeitung der Innenfläche und der Auftrag von Bitumen ist nicht willkürlich. Wie reagiert es zum Beispiel, wenn man es erhitzt, an der Luft trocknen lässt, der Gravitation aussetzt, es zerfließt und langsam auf den Ausstellungsboden tropft? Die Zeit beginnt eine Rolle zu spielen und Skulptur wird Performance. Dem Zufall wird Raum gelassen, aber finalisiert wird kompromisslos. Dadurch entsteht der Eindruck, die Skulpturen wären von der Natur geformte Schalen oder Hüllen; aus der Erde geboren. 

Die ursprünglich horizontalen Erdhügel werden in die senkrechte 'erhoben', mit der konkaven Seite zur Raummitte gewandt. Somit glaubt man, ägyptischen Sarkophagen oder auch Figurennischen in Kirchenräumen gegenüber zu stehen. Jedoch sind kirchliche oder kunsthistorische Vergleiche erst einmal nur zweitrangig. Es geht vielmehr um das, was nicht sichtbar ist.
Claudia Mann erkennt den Reiz der Abwesenheit, denn diese setzt eine vorherige Anwesenheit voraus. Eine ‚Absence‘ benennt einen kurzen Moment einer Bewusstseinspause, während Absence First.möglicherweise noch deutlicher den Betrachter auffordert, konfrontiert und vor allem mit diesem Gefühl umhüllt, dass Abwesenheit nicht 'Nichts' bedeutet.

Die Gegenüberstellung zweier scheinbar zusammengehöriger ‚Hälften‘ verweist auf eine Art geöffnete Gefäßform. Fülle/Leere. Oberfläche/Volumen. War vielleicht etwas darin? Die Form der Kapsel lässt es erkennen. Sie sind auf den menschlichen Körper und die menschlichen Proportionen ausgerichtet. Kopf, Schultern, Füße lassen sich durchaus erahnen. Die Höhe der Arbeiten ergibt das ausgestreckte Körpermaß der Künstlerin. Ein häufiger Aspekt in ihren Arbeiten (So hat sie bei einer Arbeit 'Solid Aero' aus dem Jahr 2016 ein Erdloch mit ihren Körpermaßen gegraben und dieses Loch abgeformt). Die glänzende Bitumen-Oberfläche lässt zudem den Betrachter sich selbst spiegeln und somit Teil der Arbeit werden. 

 

Materialität und Form ergeben somit einen weiteren spannenden Kontrast: Tod und Leben.

Eine Foto-Edition mit selbstgebrannten Schamottrahmen hängt ebenfalls in der Installation. Ein Metallwagen, wie er oft in Gießereien zu finden ist, der sich aufgrund des Gewichts sehr vieler, nicht mehr benötigter, Bronze-Angusskanälen sanft verbiegt. Was zunächst alles völlig isolierte Arbeit erscheint, weist doch viele Parallelen zu den großen Abgüssen auf. Auch hier sehen wir Hüllen und Schalen, Überreste von etwas, was zuvor da gewesen ist. 
 

Claudia Mann studierte an der Kunstakademie Düsseldorf bei Prof. Didier Vermeiren und 

wurde u. a. im Jahr 2016 mit dem Förderpreis für Bildende Kunst der Stadt Düsseldorf ausgezeichnet. 

 

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